Επιστολή του Krumbacher στον Ροΐδη

München 1.V.94 Hochverehrter Herr Direktor, Mit dem besten Danke für Ihre freundlichen Zeilen bedauere ich nur, daß ich nicht Zeit gefunden habe einen größeren Artikel über Ihr Buch zu schreiben. Die Redaktion der byz. Zeitschrift, die große Korrespondenz und besonders die keinen Aufschub duldende Herstellung der bibliographischen Abteilung im Verein mit zahlreichen Berufsarbeiten nimmt mich völlig in Anspruch. Das ist auch der Grund, weshalb ich Ihrer Bitte, meine abweichenden linguistischen Ansichten Ihnen darzulegen, nur unvollständig willfahren kann. Dazu müßte ich das ganze Buch noch einmal durchlesen und einige allgemeinere Dinge ließen sich nur durch sehr ausführliche Darlegung verständlich machen. Doch will ich wenigstens einige Punkte erwähnen, die sich kurz erledigen lassen: Ich möchte Ihnen nahelegen, die nach meinem und nach allgemeinem Urteile (vgl. zuletzt G. Meyer, Neugriech. Studien I, S. 19) gänzlich wertlose und ohne genügende Kenntnis der allgemeinen Sprachwissenschaft wie des Neugriech. kompilierte Schrift von Brady (S. 74, 156 und sonst) bei einer 2. Aufl. nicht mehr oder wenigstens nicht lobend anzuführen. Dasselbe gilt von dem schauderhaften Buche von Ed. Engel (S. 156, 161, etc.), das in einem ernsten Werke überhaupt nicht genannt werden sollte; die Herren, welche S. 156 mit diesem Esel zusammen genannt werden, werden sich bedanken. Von allgemein sprachwissenschaftlichen Werken würde ich einige ältere und weniger bedeutende wie die von Steinthal usw. mehr zurücktreten lassen, dagegen vor allem das ganz vortreffliche und den neuesten Standpunkt darstellende Werk von H. Paul, Prinzipien der Sprachgeschichte 2. Aufl. 1886, mehr beiziehen. Für die Ausführungen S. 68 könnten die zahlreichen neueren deutschen Arbeiten mit Erfolg beigezogen werden; cf. J. G. Schmalz, Lateinische Syntax (Jw. Müllers Handbuch II. Bd. 2. Aufl.), wo auch alle neuere Litteratur angeführt ist. Die Verwertung des Homer (z.B. S. 72 ff.) erscheint mir manchmal zu gewagt (z.B. ἵνα zu ἀνάλυσις?); es wäre wohl besser mit unsicheren Dingen bei Homer weniger zu operieren, um den Gegner keine Handhabe zu geben. S. 169 Anm. ist nicht zu billigen der Tadel gegen Manolakakis; bei rein dialektischen Sachen ist möglichst genaue Wiedergabe unerlässlich und es ist nur erfreulich, daß die frühere Nachlässigkeit hier einer größerer Sorgfalt gewichen ist; s. meine Mittelgriechische Sprichwörter S. 11. S. 195 Anm. kann ich das Beiwort τρισάθλια nicht billigen; s. meine byz. Literaturgesch. S. 405. Zu S. 201 könnte hervorgehoben werden, daß dieselbe provinzielle Differenz der Wörter und Bedeutungen auch im Deutschen noch trotz der einheitlichen Schriftsprache eine sehr große Rolle spielt. Einiges darüber H. Paul in einem Artikel, der demnächst in den Sitz. Berichten der k. bayer. Akad. gedruckt werden soll. Aber das sind alles Kleinigkeiten und der Grundgedanke Ihres Buches ist absolut richtig und die ganze griechische Zukunft wird nach meiner Ansicht von seiner möglichsten Verbreitung und Verwirklichung abhängen. Ich bin der fester Überzeugung, daß die Griechen in wenigen Jahrzehnten könnten den Bulgaren und Serben zurückbleiben werden, wenn sie nicht gründlich mit all dem klassizistischen und scholastischen Wust in ihren sprachlichen und litterarischen Bestrebungen aufräumen. Das neugeborene griechische Kind wird, wenn ihm nicht frischere Nahrung geboten wird, bald mumienhaft verdorren und verknöchern. Ich beklage nichts mehr als daß ein so hervorragender Linguist wie Hatzidakis in dieser Angelegenheit nicht mit mehr Entschiedenheit vorgeht. Er könnte damit seinen Verdiensten die Krone aufsetzen. Mit vorzüglicher Hochachtung Dr. K. Krumbacher

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